Der unwirksame Unvereinbarkeitsbeschluss der AfD

Um sich von so genannten „extremistischen“ Positionen abzugrenzen, hat sich die AfD einen Unvereinbarkeitsbeschluss in ihre Bundessatzung geschrieben. Damit soll, so die eigene Darstellung, eine Mitgliedschaft von Vertretern „extremistischer“ Organisationen in der Partei verhindert werden – es sei denn, zwei Drittel des jeweiligen Landesvorstands stimmen für die Mitgliedschaft.

Im Klartext: Der Unvereinbarkeitsbeschluss verhindert nicht die Zusammenarbeit mit völkisch-rechtsextremen oder neonazistischen Organisationen! Eine weitere Radikalisierung der Bundespartei ist derzeit sogar abzusehen.

Wie verflochten die AfD mit Organisationen ist, die auf ihrer Unvereinbarkeitsliste stehen, soll die folgende Auflistung zeigen. Darüber hinaus ist bei einem Großteil der AfD-Funktionäre eine ideologische Nähe sowie Sympathie zu den Identitären festzustellen.

Verflechtung mit auf der Unvereinbarkeitsliste stehenden Organisationen

Uta Nürnberger gehört zum Geflecht der neonazistischen Initiativen um Thügida & Wir lieben Sachsen. Trotz anderslautender Stimmen aus der AfD tritt sie immer wieder als Vertreterin dieser Partei auf, zuletzt am 10.12.2017 in Zwickau. 2016 besuchte sie das Sommerfest der NPD, ein Foto zeigt sie in trauter Eintracht mit Karl Richter und Udo Voigt. Auf ihrem Facebookprofil befindet sich unter anderem ein Bild vom AfD-Bundestagswahlkampf. Am 20. August veröffentlichte Nürnberger ein Foto, das sie zusammen mit dem AfD-Fraktionschef im brandenburgischen Landtag zeigt: Andreas Kalbitz.

Der Beisitzer im AfD-Bundesvorstand Andreas Kalbitz selbst beschäftigt den Identitären Kai Laubach als Grundsatzreferenten seiner Landtagsfraktion. Laubach vertreibt unter dem Label „Culture Élitaire“ unter anderem Kleidung von „Deutsches Gewand“. Außerdem ist er Mitglied der Jungen Alternative. Kalbitz selbst hatte lange Zeit einen Vorstandsposten in einem neonazistischen Verein inne.

Alexander Salomon, früheres NPD-Mitglied, saß schon 2013 als Beisitzer im Landesvorstand der AfD Brandenburg. Aktuell wird er als Beisitzer im Landesvorstand der Jungen Alternative Brandenburg geführt. Alexander Gauland hat mit Salomon kein Problem.

Andreas-Dieter Iloff ist der Vorsitzende seines AfD-Kreisverbands Diepholz. Außerdem wird er wegen „rechtsextremistische[r] Tätigkeiten“ vom Verfassungsschutz beobachtet. „Adrich“ Iloff ist seit den 90ern in der Naziszene aktiv, auf seinem „Auehof“ veranstaltete er völkische Feste. Im Jahr 2000 attestierte ihm der Verfassungsschutz Kontakte zu NPD, DVU und REP. Laut Andrea Röpke gilt das immer noch: „Er ist sehr gut vernetzt, hat Kontakt zum Chef der NPD in Thüringen.“

Jannik Brämer war eine Zeit lang Schatzmeister der Jungen Alternative Berlin. Weil er bei seiner Flucht von einer Aktion der Identitären Bewegung beinahe einen Zivilpolizisten umgefahren hätte, wurde er wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung zur Fahndung ausgeschrieben. Damals hieß es, Brämer sei aus der JA Berlin geflogen. Ende November wurde er in den Landesvorstand gewählt, was die Mutterpartei veranlasste, Berlins gesamten JA-Vorstand abzusetzen. Brämer betreibt das identitäre Label „Cuneus Culture“.

An dieser Aktion beteiligten sich weitere Mitglieder der Jungen Alternative. Ein Artikel in der Zeit benennt Albert G. und Kai L. – bei ersterem dürfte es sich um Albert Glas handeln, dem damaligen Mitarbeiter von Holger Arppe. Eine Doppelmitgliedschaft bei Identitären und in der JA ist auch bei Ina Alles, Franz Dusatko festzustellen. Auch Nils Grunemann sitzt nicht nur im Vorstand der JA Marburg-Biedenkopf, sondern gilt zudem als Mitbegründer der Ortsgruppe der Identitären in Berlin. 2013 trat er als Bundessprecher der deutschen Identitären auf. Dazu kommen zahlreiche weitere personelle Überschneidungen und Kontakte, etwa über das Burschenschaftsumfeld. Man kann also davon ausgehen, dass eine öffentliche Abgrenzung lediglich der Imagepflege dient.

Yannick Noé gibt mit Arcadi ein Magazin heraus, in dem neben AfD- und JA-Mitgliedern (Frederic Höfer, Reimond Hoffmann, Dubravko Mandic) auch Identitäre, ehemalige JN-Mitglieder und einschlägige Neonazi-Labels Artikel schreiben und Werbung schalten dürfen. Im Magazin wird unter anderem der spanische Faschismus verherrlicht.

Mit Patrick Harr beschäftigt der AfD-Fraktionschef in Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, einen ehemaligen Funktionär der verbotenen neonazistischen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ). Der AfD-Abgeordnete sieht darin kein Problem. Am 7. Mai 2015 nahm Poggenburg als Referent an einer Compact-Konferenz teil, ebenso wie der bekannte Rechtsextreme Christian Bärthel, der laut taz aus dem NPD- und Reichsbürgerumfeld kommt.

Poggenburgs Fraktionskollege Hans-Thomas Tillschneider unterhält ein Büro im Haus der Identitären-Ortsgruppe Kontrakultur Halle. Deren Mitglieder agieren aggressiv und gewalttätig.

John Hoewer, Referent für Inneres der AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, nahm am 21. und 22. April 2017 an einer Konferenz europäischer Faschisten in Rom teil, die von der italienischen Casa Pound veranstaltet wurde. Als Gäste ebenfalls anwesend waren Vertreter der griechischen Neonazi-Partei Goldene Morgenröte und aus Deutschland Mitglieder der Identitären und von Einprozent.

Steven Hanczyk ist nicht nur Identitärer und ehemaliger JN-Aktivist, sondern tritt auch als Vertreter der AfD in Erscheinung.

Das frühere NPD-Mitglied Stefan Träger arbeitet als Wahlkreismitarbeiter für den AfD-Abgeordneten Jan Wenzel Schmidt. Die CDU, bei der er Mitglied ist, will ihn loswerden.

Als „Grafiker & Mediengestalter“ für die Thüringer AfD-Fraktion ist der Neonazi Jirka Buder tätig. Früher produzierte er Layouts für bekannte rechtsextreme Musiker, etwa Frank Rennicke. In den 90ern war er in den Naziorganisationen „Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei“ (FAP), „Wiking Jugend“ (WJ) sowie „Nationalistische Front“ (NF) aktiv.

Höckes Assistent Torben Braga ist Bursche der extrem rechten Burschenschaft „Germania Marburg“ – ebenso wie mehrere Neonazis, darunter der JN-Aktivist Tobias Sauer.

Julia Schwarze aus Meerane ist Rednerin für das neonazistische „Thügida“-Netzwerk. Am 18. September 2016 sprach sie auf einer Bühne der AfD, gemeinsam mit den AfD-Landtagsabgeordneten Daniel Roi und Hannes Loth.

Der AfD-Politiker Lutz Urbanczyk nahm am 9. September 2017 als Redner an einer neonazistischen Demonstration teil. Dort rief er die SA-Losung: „Deutschland erwache!“ Auch sonst scheint Urbanczyk keine Berührungsängste mit Neonazis zu haben.

Der Neonazi Marcel Grauf arbeitet für die AfD-Landtagsabgeordneten Heiner Merz und Christina Baum. Grauf war früher JN-Funktionär, noch im Frühjahr 2016 hat er für die NPD Wahlkampf gemacht. Auf Facebook teilt er neonazistische Inhalte.

Markus Frohnmaier, Bundesvorsitzender der Jungen Alternative und Mitglied im Landesvorstand der AfD Baden-Württemberg, engagierte sich laut Frontal 21 früher bei der extrem rechten „German Defence League“.

Die AfD-Abgeordnete im Thüringer Landtag, Corinna Herold, pflegt Kontakt zu neonazistischen Bürgerwehren. Ihr AfD-Landtagskollege Thomas Rudy teilt Inhalte der neonazistischen Kleinstpartei „Der III. Weg“. Auch Lars Steinkes Verbindungen zu Neonazis sind dokumentiert.

Thüringens AfD-Landesvorsitzender Bernd „Björn“ Höcke und seine Verbindungen zum NPD-Bundesvize Thorsten Heise dürften bekannt sein. Trotzdem sollen auch sie nicht unerwähnt bleiben.

 

Diese Auflistung ist keineswegs komplett. Doch sollte sie, abseits der zumeist einzeln kommunizierten Fälle, einen Eindruck vom Umfang der rechtsextremen Verflechtungen in der AfD vermitteln.

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