Das Pegida-Spektrum beim Naziaufmarsch am 15. Februar

Auch in diesem Jahr marschierten etwa 1500 Nazis anlässlich des 75. Jahrestags der Bombardierung durch Dresden. Verschiedene braune Gruppierungen bildeten Blöcke mit eigenen Bannern, darunter die Kameradschaft Northeim von Thorsten Heise, die Jungen Nationalisten und die Partei Die Rechte. Auf Fahnen und Kleidungsstücken war vereinzelt Brigade 8 zu lesen. Wie Recherchen zeigen, suchte diese rockerähnliche Nazi-Bruderschaft im vergangenen Jahr die Nähe zum inzwischen verbotenen Combat 18-Netzwerk.

Gemeinsam mit diesen Strukturen liefen auch Personen, die ansonsten verstärkt im Pegida– und AfD-Milieu aufgetreten sind beziehungsweise auftreten. Sie sind Zeugnis dafür, dass Bürger*innen, die wie „ganz normale Leute“ (Werner Patzelt 2015) wirken, sich durch Radikalisierung der neonazistischen Rechten annähern oder schon immer dort zu verorten sind, wie das Beispiel der fast-NPD-Kandidatin und Pegidademonstrantin Heidrun Feller zeigt. Es folgt eine Auswahl.

 

Kathrin Oertel

Oertels Plakat beschäftigt jetzt die Justiz (Foto: Presseservice Rathenow)

Nachdem sich Kathrin Oertel Ende Januar 2015 von ihrer selbst mitgegründeten Pegida zurückzog, versuchte sie mit Direkte Demokratie für Europa zunächst eine ähnliche Protestbewegung zu etablieren, allerdings ohne Erfolg. Später versuchte sie es bei der Querfront-Truppe EnDgAmE. 2018 reiste sie zu einem Nazifestival in Themar. Weil sie und ihr Begleiter am 15. Februar während der Nazidemo ein den Holocaust relativierendes Plakat getragen haben, ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts auf Volksverhetzung.

Kai B.

Kai B. mittig mit schwarzer Mütze, schwarzer Jacke und schwarzer Hose (Foto: RechercheNetzwerk Berlin)

Der Dresdner Kai B. beteiligt sich seit Jahren an rassistischen Protesten und Nazidemonstrationen. 2018 saß er als Beisitzer im Landesvorstand der Republikaner in Sachsen. Bei Pegida interessierte sich B. für einen Infostand, der Propagandamaterial aus der Holocaustleugnerszene verbreitete.

Sebastian A.

Sebastian A. links mit Schildmütze, trauernd (Foto: Presseservice Rathenow)

A. ist immer wieder bei Pegida- und AfD-Veranstaltungen anzutreffen. Zum Beispiel gehörte er zu der Gruppe von AfD-Funktionären und -Sympathisant*innen, die am 13. Februar auf dem Dresdner Heidefriedhof aufmarschierten. Später beteiligte er sich am Verlesen von Namen der bei der Bombardierung Getöteten, um am Abend an einer AfD-Kundgebung auf dem Altmarkt teilzunehmen. Im September 2017 beleidigte A. eine junge Muslima, die mit ihren beiden Kindern unterwegs war, und musste sich deshalb vor Gericht verantworten. Genau wie Kai B. fährt auch Sebastian A. zu Demonstrationen der Nazi- und Reichsbürgerszene, nimmt dafür zum Teil Wege bis nach Berlin in Kauf.

Jürgen Sch.

Sch. links mit Sonnenbrille und schwarzer Schildmütze (Foto: Tim Mönch)

Es gibt kaum eine Dresdner Pegida- oder AfD-Demonstration, an der Jürgen Sch. nicht anzutreffen ist. Auch an Aktionen der lokalen Einprozent-Gruppe Dresden 5k beteiligt sich Sch. regelmäßig. Während des berüchtigten Naziaufmarsches am 27.08.2018 in Chemnitz lief Sch. am Fronttransparent. Dort wurden eindeutig dem Nazimilieu zuzuordnende Parolen gerufen, zum Beispiel: „Frei, sozial und national“. Am 15. Februar trug Sch. einen Anstecker der Identitären Bewegung am Kragen. Den selben Anstecker trug er während der AfD-Kundgebung am 13. Februar auf dem Altmarkt.

Egbert Ermer

Ermer in grüner Jacke (Foto: Tim Mönch)

Noch als AfD-Funktionär lobte Egbert Ermer das Nazifestival in Themar. Nach internen Auseinandersetzungen trat er 2019 aus der Partei aus und versuchte seitdem an der Seite von André Poggenburg mehrere rassistische Gruppierungen aufzubauen. Keine davon erlangte politische Relevanz. Mehrfach hielt er Reden bei Pegida-Demonstrationen.

Ute Fugmann

Fugmann rechts hinter dem Naziaktivisten Jens Bauer (Foto: RechercheNetzwerk Berlin)

Unter Klarnamen veröffentlicht Ute Fugmann regelmäßig Texte beim extrem rechten Compact Magazin sowie beim Naziprojekt Ungetrübt Media. Früher veröffentlichte Pegida die Texte der „Crazy Blondine Ute“, wie sie damals angekündigt wurde. 2019 trat sie gemeinsam mit Egbert Ermer aus der AfD aus und engagierte sich in André Poggenburgs Kleinstpartei Aufbruch deutscher Patrioten Mitteldeutschland.

Claus-Dieter C.

C. im Hintergrund mit grauem Vollbart (Foto: Presseservice Rathenow)

Claus-Dieter C. ist in der organisierten Reichsbürgerszene aktiv und hat ein Pseudo-Amt inne. Wegen seiner Aktivitäten wurde er 2019 Ziel einer Hausdurchsuchung. Wenige Tage später hielt er im Garten von André Poggenburg einen Vortrag zum Thema: „Ist die BRD souverän?“. C. ist seit Jahren bei Pegida- und Nazidemonstrationen anzutreffen. Im Jahr 2015 stand er zweimal bei Pegida-Demonstrationen als Redner auf der Bühne.

Dirk L.

Dirk L. mit Kamera um den Hals, gemeinsam mit Heidrun Feller (NPD) (Foto: Pixel Roulette)

Dirk L. ist fast immer bei Pegida-Demonstrationen mit Kamera unterwegs. Dabei betätigt er sich auch als Anti-Antifa-Fotograf und filmt gezielt Gegendemonstrationen ab.

Mitglieder der Volksliedertafel Dresden

Mitglieder der Volksliedertafel (Fotos: Presseservice Rathenow)

Über die Gruppe Volksliedertafel Dresden, die bei Holocaustleugnern, NPD-Politikern, der Identitären Bewegung, Pegida und AfD-Verbänden auftritt, wurden mehrere Artikel veröffentlicht: [1], [2]. Am Montag spielte die Gruppe wieder bei der Pegida-Demonstration.

 

Fazit

An diesen Beispielen sollte deutlich werden, dass Naziszene und das Milieu jener, die zu Pegida gehen und gerade in der Anfangszeit als „besorgte Bürger“ bezeichnet wurden, miteinander verzahnt sind. Genauso nehmen natürlich organisierte Rechtsextreme an Pegida-Demonstrationen teil und nutzen diese als Plattform. Zwei aktuelle Beispiele bieten die Auftritte von Mitgliedern der NPD sowie kurz darauf von Die Rechte. Auch zur AfD sind die Wege nicht weit. Gerade wenn Gruppierungen wie AfD und Pegida sich als bürgerlich tarnen, dürfen diese Wechselwirkungen nicht aus dem Fokus geraten.