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Dresden: Wo Faschisten mit der bürgerlichen Mitte…

Soziales Engagement in der rechten Szene

Dass (Neo-) Nazis ihren Sinn für Soziales entdecken, gerade wenn wieder einmal Imagepflege notwendig ist, ist nicht neu. Besonders in Mecklenburg-Vorpommern inszeniert sich die NPD als Kümmerer, richtet eine „Volksbücherei“ ein, veranstaltet Kinderfeste und bemüht sich im Rahmen ihrer Kampagne „Deutsche helfen Deutschen“ um Hilfe für in ihrem rassistischen Verständnis deutsche Bedürftige. In Anlehnung an das NS-Winterhilfswerk fährt Der III. Weg mit seiner „Winterhilfe“ eine ähnliche Kampagne. Die neuen Soldiers of Odin wie auch die AfD verteilen öffentlichkeitswirksam Spenden an soziale Vereine – die in beiden Fällen aus naheliegenden Gründen zurückgewiesen wurden. Ähnlich verfuhr ein Kinderhospiz mit der Spende des Neonazis Tommy Frenck.

Auch das ist rechte Ideologie: Ermordung „unwerten“ Lebens

Das ist auch richtig so. Rechte Ideologie bedeutet in letzter Konsequenz die Internierung, Vertreibung und Ermordung großer Teile unserer Gesellschaft, soziales Engagement ist Teil einer Strategie zur Normalisierung dieser menschenverachtenden Ideologie. Rechte Akteure auszugrenzen und ihre gefährliche Ideologie zu bekämpfen sollte daher oberstes Ziel der aktiven Zivilgesellschaft sein.

An einem aktuellen Beispiel aus Dresden soll gezeigt werden, wie weit wir uns inzwischen von diesem Ziel entfernt haben.

 

Rechte Imagepflege mit der Dresdner Obdachlosenhilfe

Während NPD, Der III. Weg und Die Rechte mit ihrem sozialen Engagement weitgehend isoliert bleiben, hat sich in Dresden mit dem Dresdner Bürger helfen Dresdner Obdachlosen und Bedürftigen e.V. ein aus dem Pegida-Umfeld stammender Verein mühelos in die Stadtgesellschaft integrieren können, ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen. Offenbar besetzte der Verein eine Lücke, die trotz vorhandenen Engagements, beispielsweise der Dresdner Tafel und der Heilsarmee, besteht. Öffentlichkeitswirksam wurden bereits zwei große Weihnachtsessen für jeweils mehrere Hundert Bedürftige veranstaltet, zudem unterhält der Verein eine Begegnungsstätte, verteilt Sachspenden und warme Mahlzeiten. Diese werden an alle Bedürftigen verteilt – außer Asylbewerber und Geflüchtete. Beteiligt sind NPD-Sympathisant*innen, lokale FDP-Politiker*innen, AfD und viele weitere Akteure, auf die hier näher eingegangen werden soll.

 

Vereinsmitglieder

Den Posten des 1. Vorsitzenden besetzt der Angestellte Ingolf Knajder. Dass es ihm mit dem Engagement für alle Bedürftigen nicht ernst sein kann, zeigt eine Äußerung, die er bezüglich des Leiters der Dresdner Tafel tätigte:

„Solchen Menschen wünsche ich den baldigen Tod und nichts anderes.“

Diese Äußerung brachte dem Pegidisten ein Gerichtsverfahren ein, das ihm untersagte, seine Worte zu wiederholen. Ähnlich drastisch äußerte er sich über Muslime, Linke, die gegen Pegida demonstrieren, selbst über die frühere Dresdner Oberbürgermeisterin Helma Orosz. Berührungsängste zu Neonazis wie der NPD-Jugend JN zeigt er keine.

Knajder hat kein Problem, Posts der NPD-Jugend zu teilen.

Am 26. März 2016 wünschte Knajder den Mitgliedern der zum Verein gehörenden Facebook-Gruppe: „Frohe Ostern“. Angehängt war ein Bild mit der Aufschrift:

„Jedes Asylheim ist ein Verbrechen gegen unsere Obdachlosen!“

Auch in weiteren Äußerungen zeigt sich, dass der 1. Vorsitzende des Bedürftigenvereins eine rechtsextreme, gewaltverherrlichende Ideologie vertritt und auch kein Problem hat, diese öffentlich zu äußern. Seine Hauptfeinde: Muslime, Geflüchtete und Linke.

Auch der 2. Vorsitzende Uwe Riedel trägt seine gewaltverherrlichende, rassistische und vor allem islamfeindliche Ideologie nach außen.

Als Reaktion auf Anschläge in Ägypten veröffentlichte Riedel am 9.4.2017 diesen Post.

Wie Knajdner bezieht sich auch der Bauunternehmer Riedel positiv auf die NPD. Er geht aber noch einen Schritt weiter und fordert explizit zum Systemsturz und zum Hängen von Politikern auf.

Am 28.11.2016 teilt Riedel ein Video der NPD: „Für Volk und Heimat“ – und gegen Geflüchtete.

 

15.11.2016: Riedel fordert zum Sturz des Systems und Aufhängen von Politikern auf.

 

Andere Vereinsmitglieder stehen den beiden Vorsitzenden in nichts nach. Auch der Dresdner FDP-Stadtrat Jens Genschmar und die Chefin eines Autohauses Heike Kühn-Hanisch zeigen keine Scheu vor Nazis und teilen auf Facebook Nazi-Propaganda.

2016: Kühn-Hanisch teilt ein Video, in dem die verurteilte Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck rechtsextreme Verschwörungstheorien verbreitet. Der Beitrag wurde inzwischen gelöscht.

Besonderes Augenmerk sollte auf das Vereinsmitglied Barbara Lässig gerichtet werden. Als ehemalige FDP-Stadträtin unterhält sie zahlreiche Kontakte zu Akteuren der Dresdner Stadtgesellschaft und nutzt diese auch zur Etablierung des rechten Obdachlosenvereins. Beispielsweise dürfte ihre Bekanntschaft mit der Großunternehmerin Viola Klein dazu geführt haben, dass diese den Verein zwischenzeitlich unterstützt hat, wenn auch nicht als Mitglied. Lässig fuhr Anfang des Jahres eine öffentlichkeitswirksame Schmutzkampagne gegen den Chef der Dresdner Tafel.

 

Imagepflege für Rechtsextreme

Angesichts der politischen Verortung vieler, wenn nicht sogar aller Vereinsmitglieder verwundert es kaum, wenn der Verein weitere Akteure aus dem extrem rechten Spektrum anzieht. Unterstützung, etwa von der AfD, wird zentral vermarktet.

Kurz vor Weihnachten macht die AfD auf sozial.

 

Der Besuch des völkischen Richters Jens Maier wird professionell in Szene gesetzt.

Auch als der von Rechtsextremen geführte Verein „Ein Prozent für unser Land“ eine Feldküche spendierte, wurde damit keineswegs hinterm Berg gehalten. Im Gegenteil, man betonte lang und breit, wie sozial „Ein Prozent“ doch sei. Kurz darauf veröffentlichten die Rechtsextremen zwei professionelle Imagefilme für den Obdachlosenverein.

Mitarbeiter bei „Ein Prozent“, v.l.n.r.: Julian Monaco (ehem. JN-Bundesvize), Michael Schäfer (ehem. JN-Bundesvorstand), Jean-Pascal Hohm (JA, AfD, Praktikant bei „Ein Prozent“), Philip Stein (Chef vom Jungeuropa Verlag & „Ein Prozent“). Screenshot: „Die Rechte Wende“, 3sat

 

Screenshot aus einem der Imagefilme, in dem die von „Ein Prozent“ gesponserte Feldküche beworben wird. Explizit dankt Knajder den Rechtsextremen für ihre Unterstützung.

 

In der Stadtgesellschaft etabliert

Trotz seiner offensichtlich flüchtlingsfeindlichen Agenda, trotz der öffentlich sichtbaren Zusammenarbeit mit Rechtsextremen und trotz der politisch rechtsextremen Ausrichtung seiner Mitglieder wird der Verein von der Stadtgesellschaft weitgehend angenommen und unterstützt. Das soziale Thema wirkt. Exemplarisch soll das an den Unterstützern des diesjährigen Weihnachtsessens dargelegt werden, das am 12.12.2017 veranstaltet wurde.

Das Event fand in der BallsportArena Dresden statt. Mahlzeiten serviert hat die Mannschaft des Handballclubs HC Elbflorenz. Für das Programm sorgten die Country- und Schlagersängerin Linda Feller sowie der Pegida-nahe DJ Happy Vibes, dessen Sendung bei Radio Dresden abgesetzt worden war. Der letztjährige Stargast Uwe Steimle hingegen zog seine Unterstützung zurück – wegen Knajders Vokabular, nicht wegen der politischen Ausrichtung des Vereins.

Hilft der extremen Rechten bei der Imagepflege: Country- und Schlagersängerin Linda Feller.

Mario Müller-Milano, Direktor des Dresdner Weihnachts-Circus, spendierte neben weiteren Einrichtungen auch dem flüchtlingsfeindlichen Obdachlosenverein 200 Freikarten.

Vergünstigte Tagestickets spendierten die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB).

Unterstützt werden die sozialen Rechtsextremen auch von den DVB.

 

Zum Umgang mit dem Verein

Immer wieder müssen wir feststellen, dass besonders in Dresden kaum Abgrenzung nach Rechtsaußen spürbar ist. Rechtsextreme, ob organisiert oder nicht, können sich beinahe ungehindert als Kümmerer inszenieren und erfahren dafür breite Unterstützung durch die Stadtgesellschaft. Eine endgültige Bewertung der sozialen Arbeit selbst soll hier nicht vorgenommen werden, nur so viel: Ein Fest pro Jahr und hin und wieder – möglicherweise sogar nur einmalig – verteilte Erbsensuppe sind noch kein umfassendes soziales Engagement.

Wichtig aber ist zu betonen, dass der Verein eine Lücke besetzt hat: Die Unterstützung von wohnungslosen und anderweitig bedürftigen Menschen ist notwendig und wird von der demokratischen Gesellschaft nur unzureichend abgedeckt. Stadt und Zivilgesellschaft sind in der Pflicht, diese Lücken zu füllen, idealerweise bevor es Rechtsextreme tun. Aber auch jetzt ist es dafür noch nicht zu spät. Gleichzeitig muss die Politik endlich umschwenken und an jenen Zuständen arbeiten, die Menschen in prekäre Situationen bringen und aus ihren Wohnungen vertreiben. Nicht nur die Armut bekämpfen, sondern auch ihre Ursachen!

In diesem Artikel wurde ausführlich dargelegt, wie vom Obdachlosenverein nicht nur Bedürftige versorgt, sondern auch Imagepflege für rechtsextreme Akteure betrieben wird. Dieser Effekt muss bei der Bewertung ebenso berücksichtigt werden wie die rassistischen, gewaltverherrlichenden und teils neonazistischen Weltbilder der Vereinsmitglieder. Noch einmal erwähnt werden soll auch die Schmutzkampagne gegen die Dresdner Tafel und ihren Chef. Daher sollte sich der Verein für akzeptiertes soziales Engagement disqualifizieren. Gleichzeitig muss für die bedürftigen Menschen, die zur Zeit von der Arbeit des Vereins profitieren, adäquater Ersatz bereitgestellt werden. Wie bereits erwähnt, sind hier Stadt und Zivilgesellschaft in die Pflicht zu nehmen.

Der hier vorgeschlagene Umgang mit dem Verein kann also auf eine einfache Losung gebracht werden: Isoliert den Verein, aber vergesst die Bedürftigen nicht!

Linksammlung: Identitäre Strukturen

Um die Identitären verstehen zu können, muss man ihre Strukturen, ideologische Verortung und den Kontext ihrer Mitglieder kennen. Diese Informationen sind zwar zum Teil vorhanden, aber weit über das Netz verstreut. Entsprechend soll hier eine Linksammlung entstehen, die die vielen einzelnen Artikel zusammenführt und Journalist*innen, zivilgesellschaftlichen Initiativen, Politiker*innen und allen anderen Interessierten zur Verfügung stellt.

Die „Identitäre Bewegung“ ist hierarchisch aufgebaut und in Regional- und Ortsgruppen unterteilt. Letztere führen zumeist Transparentaktionen durch, deren mediale Verbreitung die Ideologie der Identitären in die Gesellschaft tragen sollen. Unterstützer finden sie bei Burschenschaften, dem Netzwerk „Ein Prozent für unser Land“ und der AfD, besonders ihrer Jugendorganisation JA.

Ideologisch sind Identitäre in der „Neuen Rechten“ zu verorten, übernommen wurden aber auch Versatzstücke aus der „alten“ Rechten, beispielsweise Tanzveranstaltungen aus der neonazistischen völkischen Bewegung. Das ist nicht verwunderlich, schließlich rekrutieren Identitäre ihre Mitglieder nicht selten aus traditionsreichen Nazi-Familien (Beispiele: Sawallisch, Meyer-Sande). Weitere kommen aus dem Burschenschafts- und Kameradschaftsmilieu, nicht wenige Identitäre waren früher bei der NPD-Jugend Junge Nationaldemokraten (JN).

 

Artikel über die „Identitäre Bewegung“

Allgemein

Blog: „Von nichts gewusst“

16.12.2012: Neonazis übernehmen die „Identitäre Bewegung“

28.02.2017: Interne Strategiepapiere der Identitären Bewegung geleaked

23.03.2017: Identitäre AfD-Funktionäre

26.04.2017: Die Scheinriesen

03.05.2017: Zu Gast bei Faschisten-Konferenz

30.05.2017: Identitäre und die AfD

01.11.2017: Identitäre starten Online-Diffamierungskampagne gegen Engagierte

13.12.2017: Die „Identitären“: Alte Ideologie mit neuen Fahnen

Regionales/Ortsgruppen

Norddeutschland (Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein)

02.02.2017: Die „Identitäre Bewegung“ in Norddeutschland

Baden-Württemberg

13.01.2017, Balingen: Hausdurchsuchung bei Aktivisten der Identitären Bewegung Schwaben

02.03.2017, Heidelberg: „Komplott“ – identitärer NS-Rap, nicht aus Halle

30.06.2017, Tübingen: Wehrsport bei der IB-Tübingen

22.08.2017, Tübingen: Von den „Autonomen Nationalisten“ zur „Identitären Bewegung“ in Tübingen

03.10.2017: Islamfeindliche „Identitäre“ haben [in Baden-Württemberg] etwa 80 Mitglieder

20.10.2017, Tübingen: Tübinger Identitäre umtriebig

Bayern

05.05.2014, Nürnberg: Identitäre Bewegung Teil der Nürnberger „Montagsmahnwache“

31.01.2017, München: Arndt Novak

15.05.2017: Die Identitäre Bewegung in Bayern

01.12.2017, Kaufbeuren: Türschloss beschädigt

Berlin/Brandenburg

18.06.2017: Die Berliner „Identitären“-Sammelartikel

24.08.2017, Cottbus: Razzia bei Brandenburgs Regionalchef

27.11.2017, Frankfurt (Oder): Jannik Brämer – Identitärer an der Viadrina

12.12.2017: Kalbitz‘ rechte Hand: Ein Identitärer bei der AfD im Landtag Brandenburg

Hamburg

03.02.2017: „Identitäre Bewegung: Wehrsport mit Burschenschaftlern

09.06.2017, Frankfurt am Main: Wenn der Faschismus an die Volkshochschule kommt… Zum Outing des Casa Pound Aktivisten Valerio Benedetti

Hessen

14.12.2017, Marburg: Burschen-Aktuell (Germania Marburg, Normannia Leipzig zu Marburg, Rheinfranken Marburg)

Mecklenburg-Vorpommern

03.01.2017, Rostock: Identitäre gründen Verein in Rostock

17.11.2017, Rostock: Identitäre bauen in Rostock ihre Deutschland-Zentrale auf

Nordrhein-Westfalen

02.06.2017, Aachen: SEK-Einsatz in Aachen: Neonazis als Drogendealer verhaftet

08.10.2017, Bochum: Marco Müller geoutet (Identitäre Bewegung)

Sachsen

[undatiert]: Mitglieder der Identitären Bewegung Leipzig

[undatiert]: Elsterfunken Leipzig und Kontrakultur Halle

24.10.2014, Zwickau: Lambda statt Hakenkreuz

04.11.2014, Zwickau: Neonazi Tony Gerber

25.04.2017, Leipzig: Chronik identitärer Aktivitäten

08.12.2017, Zwickau: Radical Esthétique und Franz Reißner

12.12.2017, Dresden: Die Dresdner Identitären und ihr Umfeld

Sachsen-Anhalt

16.06.2016: AfD Sachsen-Anhalt, neonazistische Burschenschaften und Identitäre Bewegung

29.04.2017: Magdeburg – neues Zentrum für Neonazi-Burschenschafter?!

28.05.2017, Halle: Das Postergirl der Neuen Rechten

18.06.2017, Halle: Kubitscheks Traum vom Nazikiez

07/2017, Halle: Kontrakultur Halle

22.09.2017, Halle: AfD-Politiker Hans-Thomas Tillschneider hat Büro im Identären-Haus

14.11.2017, Halle: Razzia bei Zentrale der Identitären in Halle

27.11.2017, Halle: „Identitäre in Halle“ – Gewalt, Einschüchterung und Verharmlosung

Thüringen

15.10.2015, Schlotheim: Falsches Haus besetzt – „Identitäre Bewegung Thüringen“ floppt in Schlotheim

16.11.2016: Erfurt: Die Identitäre Bewegung vorgestellt

Der unwirksame Unvereinbarkeitsbeschluss der AfD

Um sich von so genannten „extremistischen“ Positionen abzugrenzen, hat sich die AfD einen Unvereinbarkeitsbeschluss in ihre Bundessatzung geschrieben. Damit soll, so die eigene Darstellung, eine Mitgliedschaft von Vertretern „extremistischer“ Organisationen in der Partei verhindert werden – es sei denn, zwei Drittel des jeweiligen Landesvorstands stimmen für die Mitgliedschaft.

Im Klartext: Der Unvereinbarkeitsbeschluss verhindert nicht die Zusammenarbeit mit völkisch-rechtsextremen oder neonazistischen Organisationen! Eine weitere Radikalisierung der Bundespartei ist derzeit sogar abzusehen.

Wie verflochten die AfD mit Organisationen ist, die auf ihrer Unvereinbarkeitsliste stehen, soll die folgende Auflistung zeigen. Darüber hinaus ist bei einem Großteil der AfD-Funktionäre eine ideologische Nähe sowie Sympathie zu den Identitären festzustellen.

Verflechtung mit auf der Unvereinbarkeitsliste stehenden Organisationen

Uta Nürnberger gehört zum Geflecht der neonazistischen Initiativen um Thügida & Wir lieben Sachsen. Trotz anderslautender Stimmen aus der AfD tritt sie immer wieder als Vertreterin dieser Partei auf, zuletzt am 10.12.2017 in Zwickau. 2016 besuchte sie das Sommerfest der NPD, ein Foto zeigt sie in trauter Eintracht mit Karl Richter und Udo Voigt. Auf ihrem Facebookprofil befindet sich unter anderem ein Bild vom AfD-Bundestagswahlkampf. Am 20. August veröffentlichte Nürnberger ein Foto, das sie zusammen mit dem AfD-Fraktionschef im brandenburgischen Landtag zeigt: Andreas Kalbitz.

Der Beisitzer im AfD-Bundesvorstand Andreas Kalbitz selbst beschäftigt den Identitären Kai Laubach als Grundsatzreferenten seiner Landtagsfraktion. Laubach vertreibt unter dem Label „Culture Élitaire“ unter anderem Kleidung von „Deutsches Gewand“. Außerdem ist er Mitglied der Jungen Alternative. Kalbitz selbst hatte lange Zeit einen Vorstandsposten in einem neonazistischen Verein inne.

Alexander Salomon, früheres NPD-Mitglied, saß schon 2013 als Beisitzer im Landesvorstand der AfD Brandenburg. Aktuell wird er als Beisitzer im Landesvorstand der Jungen Alternative Brandenburg geführt. Alexander Gauland hat mit Salomon kein Problem.

Andreas-Dieter Iloff ist der Vorsitzende seines AfD-Kreisverbands Diepholz. Außerdem wird er wegen „rechtsextremistische[r] Tätigkeiten“ vom Verfassungsschutz beobachtet. „Adrich“ Iloff ist seit den 90ern in der Naziszene aktiv, auf seinem „Auehof“ veranstaltete er völkische Feste. Im Jahr 2000 attestierte ihm der Verfassungsschutz Kontakte zu NPD, DVU und REP. Laut Andrea Röpke gilt das immer noch: „Er ist sehr gut vernetzt, hat Kontakt zum Chef der NPD in Thüringen.“

Jannik Brämer war eine Zeit lang Schatzmeister der Jungen Alternative Berlin. Weil er bei seiner Flucht von einer Aktion der Identitären Bewegung beinahe einen Zivilpolizisten umgefahren hätte, wurde er wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung zur Fahndung ausgeschrieben. Damals hieß es, Brämer sei aus der JA Berlin geflogen. Ende November wurde er in den Landesvorstand gewählt, was die Mutterpartei veranlasste, Berlins gesamten JA-Vorstand abzusetzen. Brämer betreibt das identitäre Label „Cuneus Culture“.

An dieser Aktion beteiligten sich weitere Mitglieder der Jungen Alternative. Ein Artikel in der Zeit benennt Albert G. und Kai L. – bei ersterem dürfte es sich um Albert Glas handeln, dem damaligen Mitarbeiter von Holger Arppe. Eine Doppelmitgliedschaft bei Identitären und in der JA ist auch bei Ina Alles, Franz Dusatko festzustellen. Auch Nils Grunemann sitzt nicht nur im Vorstand der JA Marburg-Biedenkopf, sondern gilt zudem als Mitbegründer der Ortsgruppe der Identitären in Berlin. 2013 trat er als Bundessprecher der deutschen Identitären auf. Dazu kommen zahlreiche weitere personelle Überschneidungen und Kontakte, etwa über das Burschenschaftsumfeld. Man kann also davon ausgehen, dass eine öffentliche Abgrenzung lediglich der Imagepflege dient.

Yannick Noé gibt mit Arcadi ein Magazin heraus, in dem neben AfD- und JA-Mitgliedern (Frederic Höfer, Reimond Hoffmann, Dubravko Mandic) auch Identitäre, ehemalige JN-Mitglieder und einschlägige Neonazi-Labels Artikel schreiben und Werbung schalten dürfen. Im Magazin wird unter anderem der spanische Faschismus verherrlicht.

Mit Patrick Harr beschäftigt der AfD-Fraktionschef in Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, einen ehemaligen Funktionär der verbotenen neonazistischen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ). Der AfD-Abgeordnete sieht darin kein Problem. Am 7. Mai 2015 nahm Poggenburg als Referent an einer Compact-Konferenz teil, ebenso wie der bekannte Rechtsextreme Christian Bärthel, der laut taz aus dem NPD- und Reichsbürgerumfeld kommt.

Poggenburgs Fraktionskollege Hans-Thomas Tillschneider unterhält ein Büro im Haus der Identitären-Ortsgruppe Kontrakultur Halle. Deren Mitglieder agieren aggressiv und gewalttätig.

John Hoewer, Referent für Inneres der AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, nahm am 21. und 22. April 2017 an einer Konferenz europäischer Faschisten in Rom teil, die von der italienischen Casa Pound veranstaltet wurde. Als Gäste ebenfalls anwesend waren Vertreter der griechischen Neonazi-Partei Goldene Morgenröte und aus Deutschland Mitglieder der Identitären und von Einprozent.

Steven Hanczyk ist nicht nur Identitärer und ehemaliger JN-Aktivist, sondern tritt auch als Vertreter der AfD in Erscheinung.

Das frühere NPD-Mitglied Stefan Träger arbeitet als Wahlkreismitarbeiter für den AfD-Abgeordneten Jan Wenzel Schmidt. Die CDU, bei der er Mitglied ist, will ihn loswerden.

Als „Grafiker & Mediengestalter“ für die Thüringer AfD-Fraktion ist der Neonazi Jirka Buder tätig. Früher produzierte er Layouts für bekannte rechtsextreme Musiker, etwa Frank Rennicke. In den 90ern war er in den Naziorganisationen „Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei“ (FAP), „Wiking Jugend“ (WJ) sowie „Nationalistische Front“ (NF) aktiv.

Höckes Assistent Torben Braga ist Bursche der extrem rechten Burschenschaft „Germania Marburg“ – ebenso wie mehrere Neonazis, darunter der JN-Aktivist Tobias Sauer.

Julia Schwarze aus Meerane ist Rednerin für das neonazistische „Thügida“-Netzwerk. Am 18. September 2016 sprach sie auf einer Bühne der AfD, gemeinsam mit den AfD-Landtagsabgeordneten Daniel Roi und Hannes Loth.

Der AfD-Politiker Lutz Urbanczyk nahm am 9. September 2017 als Redner an einer neonazistischen Demonstration teil. Dort rief er die SA-Losung: „Deutschland erwache!“ Auch sonst scheint Urbanczyk keine Berührungsängste mit Neonazis zu haben.

Der Neonazi Marcel Grauf arbeitet für die AfD-Landtagsabgeordneten Heiner Merz und Christina Baum. Grauf war früher JN-Funktionär, noch im Frühjahr 2016 hat er für die NPD Wahlkampf gemacht. Auf Facebook teilt er neonazistische Inhalte.

Markus Frohnmaier, Bundesvorsitzender der Jungen Alternative und Mitglied im Landesvorstand der AfD Baden-Württemberg, engagierte sich laut Frontal 21 früher bei der extrem rechten „German Defence League“.

Die AfD-Abgeordnete im Thüringer Landtag, Corinna Herold, pflegt Kontakt zu neonazistischen Bürgerwehren. Ihr AfD-Landtagskollege Thomas Rudy teilt Inhalte der neonazistischen Kleinstpartei „Der III. Weg“. Auch Lars Steinkes Verbindungen zu Neonazis sind dokumentiert.

Thüringens AfD-Landesvorsitzender Bernd „Björn“ Höcke und seine Verbindungen zum NPD-Bundesvize Thorsten Heise dürften bekannt sein. Trotzdem sollen auch sie nicht unerwähnt bleiben.

 

Diese Auflistung ist keineswegs komplett. Doch sollte sie, abseits der zumeist einzeln kommunizierten Fälle, einen Eindruck vom Umfang der rechtsextremen Verflechtungen in der AfD vermitteln.

Für Rückfragen oder weiterführende Informationen steht folgende Mailadresse zur Verfügung: fux3nrot[ät]riseup[dot]net

Delegitimierung der Demokratie durch Faschisten und mögliche Gegenstrategien

Wahlbeobachtung für, aber auch gegen die Demokratie

Wahlbeobachtung ist ein legitimes Mittel zur Festigung der Demokratie: Jeder, ungeachtet seines Alters, Geschlechts, seiner Nationalität oder sozialen Stellung, kann sich mit eigenen Augen von der Richtigkeit und damit auch der Rechtmäßigkeit der Wahl überzeugen. Problematisch wird es, wenn das Mittel der Demokratie gegen sie selbst eingesetzt wird.

Denn die faschistisch durchsetzte Gruppierung „Ein Prozent für unser Land“ ruft zur großangelegten Beobachtung der Bundestagswahl durch ihre Anhänger auf. Man sieht sich als Opfer eines von oben gesteuerten „Wahlbetrugs“. Dem zugrunde liegt die bekannte Theorie: Die Mehrheit der Bürger unterstütze eigentlich rechte Parteien und würde unterdrückt, damit „die da oben“ weiterregieren könnten. Anders ausgedrückt: „Einprozent“ stellt mit seiner „Wahlbeobachter“-Kampagne die Demokratie in der BRD in Frage. Letztendlich stellt es natürlich auch eine gewisse Art der Einschüchterung dar, wenn Faschisten eine demokratische Wahl überwachen.

Groß: Michael Schäfer erklärt seinen Zuhörern, wie Wahlbeobachtung funktioniert. Klein: Vor vier Jahren war Schäfer Mitglied der verfassungsfeindlichen NPD, von 2007 bis 2012 Bundesvorsitzender der NPD-Jugendorganisation JN.

Was können wir tun?

Es steht zu befürchten, dass Einprozent, aber auch die AfD kleinste Unregelmäßigkeiten, wie sie bei jeder Wahl auftreten, propagandistisch ausschlachten werden. Erscheint es daher einerseits sinnvoll, diesen Personen die Beobachtung der Wahl zu erschweren, untergräbt man andererseits selbst dieses demokratische Mittel – eine Abwägung, die jeder Mensch für sich selbst treffen muss. Je nach Ergebnis sollen hier Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie mit den Aktivitäten von „Einprozent“ umgegangen werden kann.

Auch Wahlbeobachter müssen sich in einem vorgegebenen Rahmen bewegen. Laut §54 Bundeswahlordnung und §31 Bundeswahlgesetz darf die Wahl nicht gestört werden – wer stört, den kann die Wahlleiter*in aus dem Wahlraum verweisen. Das gilt auch für das von Einprozent geschickte Klientel, das bekanntermaßen gereizt auf gewisse Gesprächsinhalte reagiert. Erfahrungsgemäß fällt deren Beherrschung recht schnell.

Wahlbeobachter dürfen Wähler innerhalb eines bestimmten Bereichs um das Wahllokal nicht ansprechen, weil dies als Beeinflussung interpretiert wird – auch nach der Stimmabgabe! Ähnlich verhält es sich mit dem Zeigen von Bildern und Videos sowie dem Tragen von Kleidung und Ansteckern mit politischem Aufdruck. Fällt so etwas am Einprozent-Klientel auf, kann der zuständige Wahlleiter darauf aufmerksam gemacht werden.

Ähnliches gilt für den Fall, dass das Einprozent-Klientel Wähler fotografiert. Damit wird das Recht am eigenen Bild verletzt. Das Fotografieren von Wahlhelfern stellt wohl eine Grauzone dar.

Schlusswort

Zum Schluss bleibt zu betonen: Mit diesem Text soll keineswegs die Wahlbeobachtung an sich angegriffen werden! Sie stellt ein fähiges Werkzeug zur Überwachung demokratischer Prozesse dar und sollte daher ausgiebig genutzt werden. Ob und inwieweit aber akzeptiert werden muss, wenn sie gegen die Demokratie selbst gerichtet wird, muss jeder Mensch für sich selbst entscheiden.

Wer sich näher informieren möchte, dem sei die verlinkte Seite des CCC Berlin empfohlen.

 

Bilder:

  • Screenshot eines Videos der Facebookseite „Ein Prozent für unser Land“
  • Screenshot eines Beitrags der Facebookseite „NPD-Kreisverband Dresden“